Cheetah läuft! was jetzt?
Ich muss vors Steueramt
Herbst 92 bis Frühjahr 93: Cheetah lief jetzt wirklich sehr gut und zuverlässig. Wie sollte ich meine Firma weiter entwickeln? Was sollte ich tun, um Geld zu verdienen? Einige Rennen waren noch ausgeschrieben und mit den Preisgelder und der Aussicht, den Sponsorenvertrag in der nächsten Saison verlängern zu können, startete ich in die Winterzeit. Doch erst einmal wurde ich vom Steueramt aufgerufen. Der Prüfer hatte festgestellt, dass ich in meiner Steuerrechnung aufschrieb, ich hätte weniger Geld eingenommen als ausgegeben. Das könne er nicht nachvollziehen. Ich bestätigte ihm, dass mein Aufschrieb nach bestem Wissen und Gewissen erfolgt sei und dass ich ihm das gerne aufzeigen könne. Wir vereinbarten einen Termin. Kurzerhand fuhr ich mit meinem Cheetah und zwei Papiertüten voller Belege zum Termin. Da zeigte ich ihm mein Fahrzeug, erklärte von meinen Rennen und stellte ihm auch die zwei Papiersäcke mit den Belegen auf den Tisch. Ich versicherte, da sei alles drin, was ich an Ein- und an Ausgaben gesammelt hätte und wir können das gerne zusammen überprüfen. Er zeigte sich interessiert für mein Fahrzeug, jedoch etwas weniger für die ganzen Belege und schon gar nicht, um diese mit mir zusammen durchzugehen.
Er klärte mich aber darüber auf, dass jemand von der AHV mich und mein Tun überprüfen müsse. Es müsse auch überprüft werden, ob ich mit meinem Ing. Büro überhaupt die Anforderungen erfülle für den Betrieb einer Firma oder aber, ob es sich hier lediglich um ein Hobby handle.
Meine Tätigkeit «nur» ein Hobby? Ich war erschüttert. Er klärte mich darüber auf, dass ich laut den Angaben von mir mehr Geld ausgebe als einnehme und auch nur eine Tätigkeit habe: Ich hätte ein Fahrzeug gebaut und das sei alles. Das werde gemeinhin als Hobby bezeichnet und nicht als Beruf – schon gar nicht als selbständige Tätigkeit. Ich musste also dem AHV-Prüfer, welcher kommen wollte, beweisen, dass ich eine Firma hatte und einer ordentlichen Tätigkeit nachging. Nur wie? Ich hatte ausserdem keine Ahnung, wie eine ordentliche Buchhaltung aufgebaut werden sollte und wie auf einem ordentlichen Weg Geld zu verdienen sei, musste ich auch erst erlernen. Mit den Sponsorengelder und den Preisgelder konnte ich nicht fest rechnen. Was sollte ich machen? Wieder zurück in ein Angestelltenverhältnis? Mein Wunsch war immer noch, Elektrofahrzeuge zu entwickeln. Obwohl ich mit dem Bau von Cheetah schon ein weites Stück gekommen war, schien meine Selbständigkeit weit in die Ferne gerückt zu sein. Ein Projekt musste her. Bis zur besagten AHV-Prüfung liess sich aber unmöglich ein weiteres Fahrzeug entwickeln.
Ein Modellbaubogen: Der Grundstein meiner Firma
Ich entwickelte einen Bastelbogen, mit dem ein Elektromobil gebaut werden konnte. Ich wählte das City-El der Firma El-Trans. City-El war damals das populärste elektrische Fahrezug, das in der Schweiz gekauft werden konnte. Drei Räder, 45km/h schnell, mit Dach, ideal, um seinen Einkauf im Trockenen nach Hause bringen zu können. Der Initiant, Steen v. Jensen, den ich später kennen lernen durfte, wollte ein energieeffizientes, günstiges Fahrzeug in Massen produzieren. Er wollte ein Mittelding zwischen Fahrrad und Auto schaffen, ideal als Zweitwagen, um Kinder in die Schule zu bringen oder Einkäufe zu tätigen. Es sollte damals in Dänemark 6'000 CHF kosten. Aufgrund von Produktionsschwierigkeiten und auch Mängel konnten die Verkaufserwartungen nicht erfüllt werden und die Firma ging Konkurs. Steen v. Jensen war in einer späteren Phase beratend für mich tätig. Ich lernte sehr viel von ihm.
Nun aber entwarf ich einen Bastelbogen. Zusätzlich verkaufte ich ein Antriebsset, bestehend aus einem Elektromotor, 3 Holzräder mit Gummibereifung, Zahnräder, Achsen, einer kleinen Solarzelle: So konnte der Papierbastelbogen fahrbar gemacht werden und bei Sonneneinstrahlung fuhr der kleine Papier-City-El munter seine Kreise.
Ich liess 100 dieser Bastelbogen drucken und kaufte Material für 50 Antriebsset. Dem Vertreter der AHV, der mich in Seuzach besuchte, erzählte ich von meiner Renn-Tätigkeit und zeigte ihm die fertigen Bastelbogen, die ich verkaufen wollte. Er akzeptierte mich als selbständig. Ich konnte mit meinen Projekten weiter machen.
Durch den Bastelbogen lernte ich, Material einzukaufen und fertige Bastelbogen zu verkaufen. Ich schaltete Werbung und versuchte den Verkauf über Spielzeuggeschäfte anzukurbeln, wobei die von ihnen geforderte Marge meinen Kostendeckungsbeitrag schmelzen liess. Ich lernte mit Zahlen umzugehen. Nur Geld habe ich damit nie verdient.
Die Entwicklung eines e-Trottinetts
Immer noch war die Frage zu klären, wie ich Geld verdienen konnte. Ich fing an, ein Trottinett zu entwickeln, das mit einem Elektromotor angetrieben wurde. Den Rumpf wollte ich aus GFK Bauen, Ni-CD-Batterien sollten im Inneren sein. Das Ganze sollte so leicht sein, dass es problemlos mitgenommen werden konnte und dazu dienen konnte, in der Stadt vom parkierten Auto zum Einkaufsgeschäft und wieder zurück zu gelangen. Ich baute ein erstes Funktionsmodell und zählte das ganze Material zusammen, das ich dafür verwendete. Zählte ich die Arbeit mit, so kam ich auf einen minimalen Verkaufspreis von 2'000.– bis 2'500.– Das war ein Betrag, den ich für viel zu hoch hielt. Wer sollte schon ein solch angetriebenes Trottinett für diesen stolzen Betrag kaufen?
In Berlin lernte ich einige Leute kennen, die auch an der Entwicklung eines Trottinetts waren. Sie wählten den anderen Ansatz und versuchten, mit etwas Stahl und einfachsten Komponenten das Trottinett so billig wie möglich zu fertigen. Wir taten uns zusammen. Ich bekam ein Trottinett von ihnen und optimierte den Antrieb. Der Verkaufspreis lag deutlich unter 1000 CHF. Die Berliner waren sehr gut darin, Prospekte zu gestalten. Trotzdem wollte niemand diese Fahrzeuge kaufen. Die Zeit war einfach nicht reif dafür.
Gelernt hatte ich dabei:
- Willst du grosses erreichen, beginne mit einem kleinen Projekt
- Geld zu verdienen kann ganz schön schwierig sein.
- Ist eine Idee zu früh, so mag sie gut sein. Verwertbar ist sie nicht.