Im Verkauf muss ich selber ran. Ein Buch hilft mir dabei
Ein wütender Interessent aus Zürich kam zu uns in die Werkstatt: «Da stehen sie ja, die CLASSIC. Weshalb liefert ihr mir denn keines dieser Fahrzeuge?» Verwundert versuchte ich die Situation zu beruhigen. Es stellte sich heraus, dass unser Verkäufer Bernhard Hafner viel mit möglichen Interessenten sprach, mit ihnen aber keine Kaufverträge abschloss! Selbst, wenn der Interessent ein Fahrzeug bestellte, so führte Bernhard diese Bestellung mit der Begründung nicht aus, die Fahrzeuge seien nicht lieferbar. Das war genug! Bernhard Hafner musste uns auf der Stelle verlassen.
Wenig später hatten wir keinen Verkäufer mehr. Es half alles nichts: Ich musste selber ran! Immerhin hatte mir Peter Schürmann ein Bild eines Verkäufers vermittelt, mit dem ich mich identifizieren konnte. Vor dem Gespräch mit Peter war für mich ein Verkäufer jemand, der versuchte, mir etwas aufzuschwatzen, was ich mir nicht leisten konnte und auch gar nicht brauchte.
Mein Schwiegervater empfahl mir ein Buch zu lesen, um das Handwerk eines ordentlichen Verkäufers zu erlernen: Zig Ziglar on Selling. In Deutsch hiess der Titel «der totale Verkaufserfolg». Zig Ziglar war ein amerikanischer Verkäufer, der in den 60er Jahren Pfannen und Kochtöpfe verkauft hatte und dadurch sein Verkaufshandwerk erlernen konnte. Sein ganzes Wissen hatte er in diesem Buch aufgeschrieben. Darin las ich mehr von der Art des Verkaufens, die ich erlernen wollte. Der Verkäufer ist ein Kommunikator, der zwischen Firma und Kunde vermittelt. Er schaut, dass der Kunde zufrieden mit seinem Kauf ist und zu einer positiven Referenz für das Produkt und die Firma wird. Also los: Ich lud den CLASSIC in unseren Transporter und fuhr zu den Interessenten hin, um sie vor Ort fahren zu lassen, um gemeinsam festzustellen, ob der CLASSIC ihr Leben in ihrer Zukunft bereichern konnte oder nicht. Der neue Job bereitete mir Spass. Die Senioren hatten sehr viel Lebenserfahrung, die sie mir auch gerne weitererzählten.
Ich erinnere mich nur zu gerne an den Strassenreiniger, der nach seiner Pensionierung halbseitig gelähmt war. Ein Auto sei er nie gefahren. Er habe aber beim Strassenwischen immer ganz genau aufgepasst, wann die Autofahrer die Blinker gesetzt hätten. Er sei bestens vorbereitet. Er wollte ein CLASSIC, um Heu zu transportieren für seine Hasen. Diese brachte er dann wiederum mit dem neu erworbenen Fahrzeug in die Restaurants der Umgebung.
Eine weitere Kundin war in einem wunderschönen Haus in Reihgoldswil. Ihr Mann war Geologe gewesen. Nach seiner Pensionierung habe er an einer Staublunge gelitten. Deshalb empfahl sein Arzt, sie sollen dringend aufs Land ziehen. Er brauche möglichst viel frische Luft. Auf dem Land ist ihr Mann nach einigen Jahren auch gestorben. Sie blieb alleine zurück – gefangen in ihrem wunderschönen Haus. Dank dem CLASSIC konnte sie wieder zur Bushaltestelle und zurück nach Basel, in ihre geliebte Stadt. Für sie ganz wichtig: Sie konnte jederzeit selbständig ans Grab von ihrem Mann, immer wenn ihr danach war. Im Appenzellerland wohnte ein Ingenieur und früherer Testpilot. Er erzählte nicht ohne Stolz, wie er beim Trainer namens BRAVO, der in Altenrhein in der Schweiz entwickelt wurde, ein aerodynamisches Flattern der Flügel beheben konnte. Für mich als Flugzeugbegeisterter waren seine Geschichten sehr spannend und lehrreich. Er erzählte, wie er in Deutschland das Fliegen in der Zeit des zweiten Weltkrieges erlernt hatte, um danach aufgrund seines Ingenieur-Studiums als Testpilot Dienst zu leisten. Wie sie die neuen Flugzeugtypen erprobt hatten, unter anderem die strahlgetriebene Me 262, das waren Geschichten, die ich so authentisch noch nie aus einem Buch lesen konnte. Unter anderem wusste er auch von Schwächen der Flugzeuge zu berichten und wie sie diese versucht hatten zu beheben. Er erzählte über das Verhalten bei Start und Landung. Die Triebwerke mussten ganz langsam hochgefahren werden. Ansonsten wurde zu viel Kraftstoff eingespritzt und die Triebwerke entzündeten sich. Ganz schwierig sei das bei der Landung gewesen, wenn er etwas zu kurz angeflogen sei. Er hätte den Gashebel mit Bedacht auf Leistung schieben müssen, da er sonst mit den Flammen der Triebwerke den Acker angezündet hätte, in den er mangels Schubs bruchgelandet sei.
Ein anderer Kunde war im Graubünden. Er war stark gehbehindert und war nicht mehr in der Lage, sich selbst zu versorgen. Ohne unser Fahrzeug hätte er nach Chur ins Altersheim gemusst, was für ihn das Ende bedeutet hätte. Er erwarb einen CLASSIC und konnte daraufhin wieder in seine geliebte Höhle, um zu strahlen – das bedeutet, er sammelte Kristalle. Er wollte niemandem verraten, wo diese Höhle liegt. Als Dank, dass er wieder seine Kristalle ernten konnte, sendete er uns Schachtelweise davon zu.
Ich lernte daraus:
- Es gibt nichts Schöneres, als einem Kunden etwas zu verkaufen, das für ihn mehr bedeutet als das Geld, das er mir dafür gibt.
- Verkaufen ist ein wunderbarer Job, wenn man diesen richtig ausführt.
- In einem Buch kann jemand sein gesammeltes Wissen speichern. Ein anderer kann das Wissen wieder aufnehmen. Das ist fantastisch.