Lukas Jenni kommt in den Verkauf
Auf dem Areal ist ein neuer Nachbar eingezogen: Lukas Jenni fuhr mit seinem alten Mercedes Kombi vor, welcher mit Werbewerkstatt 7 beschriftet war. Wir verstanden uns auf Anhieb und da und dort wurde nachbarschaftlich gegenseitig ausgeholfen. Lukas war auf Messebau spezialisiert und führte auch für uns kleinere Aufträge aus. An unserem Tag der offenen Tür 97 engagierten wir ihn und seine «fahrende Bar», die er auf das Chassis von einem alten Lastwagen gesetzt hatte, zur Verpflegung unserer Besucher und der ganzen Firma. Immer wieder assen wir zusammen im nahen Café Rorboz, das von Anne-Kathrin Glauser geführt wurde. Ich erzählte ihm von meiner Verkaufstätigkeit. Immerhin schaffte ich es, wöchentlich einen neuen Kunden für unsere Fahrzeuge zu gewinnen. Eines Mittags sagte mir Lukas, er würde gerne für mich arbeiten. Ich bedauerte, leider nicht genügend Messen machen zu können, um mehr von seiner Arbeitskraft zu benötigen. Er meinte, dass ihn der Verkauf interessieren würde. Er hätte unsere Kunden studiert. Das Produkt gefalle ihm und er sei überzeugt, mindestens ebenso gut, wenn nicht viel besser als ich verkaufen zu können. «Du?», lachte ich. «Das musst Du mir beweisen!». Wir vereinbarten, dass Lukas genau eine Chance bekommt: Pünktlich am nächsten Montag um 08.00 Uhr soll er bei uns im Büro vorbeikommen. Er erhalte alle Adressen, die ich schon bearbeitet hatte. Wenn er es innert einer Woche schafft, mindestens ein Fahrzeug zu verkaufen, so wird er zur Probe eingestellt. Schafft er es, zwei Fahrzeuge zu verkaufen, so ist er definitiv unser Verkäufer. Die Spesen waren bezahlt. Für den Fall eines Verkaufes wurde eine Provision vereinbart und dazu durfte Lukas den nagelneuen Mercedes Vito nutzen, der eben erst angeliefert wurde. Ich selbst hatte noch keinen Meter mit dem Auto zurückgelegt. Lukas nahm die Herausforderung an.
Am Montag erschien er pünktlich, sortierte die ihm übergebenen Adressen und fing eine halbe Stunde später an, diese abzutelefonieren. Schon am Mittag hatte er seine Agenda gefüllt für die ganze Woche. Er fasste sein Vorführfahrzeug, kreiste um den nagelneuen Vito und übte das Ein- und Ausladen über die selbstgefertigten Verladerampen. Bestellblock und Beispielbilder von glücklichen Kunden mit Referenzangaben vervollständigte seine Ausrüstung und er fuhr los. Ab und zu ein Telefonanruf und eine Verständnisfrage, die er den Interessenten beantworten musste, ansonsten hörte ich nichts von Lukas.
Am Freitagnachmittag kam er zurück und voller Spannung empfing ich ihn: «Wie war Deine Woche? Hast Du ein Fahrzeug verkauft?» Lukas öffnete seine Mappe und mit breitem Grinsen zog er einen ersten Auftrag heraus, danach einen zweiten und kurz darauf einen dritten!
Das war deutlich: In Bezug auf den Verkauf hatte ich meinen Meister gefunden. Lukas hatte drei Fahrzeuge verkauft, an Interessenten, mit denen ich vorher schon in Kontakt stand und denen ich unseren CLASSIC nicht nahebringen konnte! Lukas hatte seinen Job und ich meinen neuen Verkäufer. Angefangen hatte er, wir brauchten nur noch einen Vertrag.
Wir schlossen keinen normalen Anstellungsvertrag, schliesslich war er selbstständig. Er arbeitete auf Provision. Wir schrieben den Vertrag von Hand auf einen Notizzettel und versorgen ihn in einem Ordner. Jedes Mal, wenn etwas zu ergänzen war, so holten wir den Vertrag hervor und schrieben entsprechende Zeilen dazu.
Lukas war ein brillanter Verkäufer. Sehr schnell konnte er sich mit unseren Interessenten auf eine Ebene begeben. Er konnte die potentiellen Kunden und ihre Bedürfnisse «lesen» und darauf präzise mit Argumenten antworten. Im schriftlichen Bereich hatte er seine Schwächen. Also übernahm ich und später unser Sekretariat für ihn die ganzen Offerten und auch die sonstige Schreibarbeit, die notwendig war. Ab und zu rief er mich von einem Kunden direkt an und beschrieb telefonisch, was dieser brauchte, um glücklich zu sein. Wir einigten uns auf einen Preis, eine Lieferfrist und einen Lösungsansatz und Lukas konnte den Verkauf unmittelbar abschliessen. Wir arbeiteten sehr gut zusammen. Ich musste etwas Schreibarbeit erledigen, hatte aber wieder viel mehr Zeit gewonnen, da Lukas nicht nur viel effizienter verkaufte als ich, seine Kunden waren auch ausserordentlich zufrieden und unsere besten Referenzen. Wir hatten nicht nur mehr Arbeit und mehr Umsatz, ich hatte auch viel mehr Zeit für meine weiteren Projekte.
Ich lernte dabei:
Personen einzustellen, die mir überlegen sind, bringen Entlastung und Freiheit
Es macht Spass, mit Profis zusammenzuarbeiten